· 

Im Gespräch mit einer dominikanischen Lehrerin

 

Melania Fortunato ist Lehrerin in einer öffentlichen Schule im Batey Lechería. Viele Teilnehmenden von CCL gehen auf ihre Schule. Wir haben mit ihr gesprochen und schildern hier ihre Erfahrung mit der herausfordernden Situation im dominikanischen Bildungswesen in den armutsgefährdeten Gemeinden.

 

 

Dieser Artikel stammt aus dem Jahresbericht 2021, den du hier herunterladen kannst.

An Melanias Schule werden vor allem Kinder im Alter zwischen 3 und 8 Jahren aufgenommen. Bei vielen dieser Kinder seien die Voraussetzungen für einen Schulbesuch unzureichend, so Melania. Hierfür führt sie Gründe, wie zum Beispiel die Ernährung oder die frühkindliche Erziehung auf. Häufig ist der Wortschatz der Kinder aus den Bateys im Gegensatz zu dem von Kindern aus anderen Gemeinden noch sehr begrenzt. Dadurch lassen sich, laut Melania, auch andere grundlegende Themen schwieriger vermitteln.

Außerdem beobachtet sie, dass Kinder aus der unsicheren Umgebung der Bateys häufiger zu explosivem Verhalten und einem schlechteren Umgang mit ihren Emotionen neigen. Gleichzeitig entwickelten gerade diese Kinder schon früh sehr gute räumliche Fähigkeiten und ein hohes Maß an Unabhängigkeit.

"Um allen Kindern mit verschiedenen Hintergründen gerecht zu werden, wird der Lehrplan dann auch mal beiseite gelegt, um an der menschlichen Seite zu arbeiten."

Die Schilderungen von Melania fassen die Probleme vieler Schulen zusammen, in denen eine große Zahl der Schüler*innen die dritte Klasse erreicht, ohne richtig lesen oder schreiben zu können. Die Lehrerin erzählt, dass es an den Schulen häufig an grundlegenden Ressourcen fehle, wie z.B. Lehrmaterialien oder Lehrpersonal. Dies führe dazu, dass der empfohlene Betreuungsschlüssel nicht eingehalten werden kann. 


Gerade für Kinder aus den Bateys sei es aber besonders wichtig, ein strukturiertes und gut ausgestattetes Umfeld zum Lernen zu haben.Die unzureichend ausgestatteten Bildungseinrichtungen seien aber nur ein Teil des Problems, mit dem sich dominikanische Lehrer*innen konfrontiert sehen. Immer noch werde in vielen Familien Bildung nicht als unverzichtbares Gut anerkannt, sodass weder Eltern noch Kinder von der Wichtigkeit des Schulbesuchs überzeugt sind. Abwesenheiten und Schulabbrüche seien kein Tabu.

Melania sagt: "Ein wichtiger Schritt war die Einführung von verlängerten Schulzeiten und des Speiseangebots in der Schule." Sie stellt auch fest, dass gerade in den Bateys vielen Kindern die nötigen Ausweisdokumente fehlen, ohne die sie keinen Schulabschluss erhalten können. Doch dürfen auch die Lehrkräfte nicht vergessen werden, die mit ihren begrenzten zeitlichen und emotionalen Kapazitäten zurechtkommen müssen.

"In armutsgefährdeten Gemeinden wie Lechería kann eine Schule einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der Armut leisten."

 

Dazu müssen die Schulen und Lehrkräfte sich bemühen, veralteten Rollenbildern und Gewaltsituationen entgegenzuwirken und neue positive Vorbilder für die Kinder zu schaffen, so die Lehrerin. Ebenso brauche es allerdings auch die Unterstützung der Eltern und Familien. Für Melania können diese Herausforderungen jedoch gemeistert werden, solange sie ihrer Berufung als Lehrerin mit Liebe und der Gewissheit nachgehen kann, dass die Bildung in den Bateys trotz begrenzter Mittel eine gute Qualität haben kann. Denn häufig biete in den Bateys die Bildung die einzige Chance für gesellschaftlichen Aufstieg.